Die Übertragung von Immobilienvermögen zu Lebzeiten gewinnt in der Vermögensnachfolge zunehmend an Bedeutung. Steigende Immobilienpreise und die Aussicht auf eine mögliche Verschärfung der Erbschaftsteuer bewegen viele Eigentümer dazu, ihr Vermögen frühzeitig an die nächste Generation zu übertragen. Dabei spielt die 10-Jahresfrist eine zentrale Rolle für die steuerliche Optimierung.
Diese Frist regelt nicht nur die Anwendung der Schenkungsteuerfreibeträge, sondern hat auch Auswirkungen auf pflichtteilsrechtliche Ansprüche und sozialrechtliche Bestimmungen. Eine fundierte Kenntnis dieser Zusammenhänge ist daher unerlässlich für eine erfolgreiche Vermögensplanung.
Die wichtigste rechtliche Grundlage findet sich in § 14 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Nach dieser Vorschrift bleiben Schenkungen, die länger als zehn Jahre zurückliegen, bei der Berechnung neuer Schenkungsteuerfreibeträge unberücksichtigt. Dies bedeutet, dass der Beschenkte alle zehn Jahre erneut den vollen Freibetrag ausschöpfen kann.
Die Freibeträge (§ 16 ErbStG) staffeln sich wie folgt:
Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht in § 2325 BGB eine spezielle Regelung für Schenkungen vor, die Auswirkungen auf Pflichtteilsansprüche haben. Hier gilt eine gestufte Frist: Schenkungen können nur dann bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs berücksichtigt werden, wenn sie innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall erfolgt sind. Dabei verringert sich der Wert der Schenkung für jedes abgelaufene Jahr um ein Zehntel.
Auch im Sozialrecht spielt die 10-Jahresfrist eine wichtige Rolle. Nach § 528 BGB können Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor Antragstellung auf Sozialhilfe vorgenommen wurden, vom Sozialhilfeträger zurückgefordert werden, wenn der Schenker verarmt ist. § 90 SGB XII regelt dabei das einzusetzende Vermögen.
Bei wiederholten Schenkungen zwischen denselben Personen werden alle Zuwendungen der letzten zehn Jahre zusammengerechnet. Erst wenn die letzte Schenkung mehr als zehn Jahre zurückliegt, kann der Freibetrag wieder vollständig genutzt werden.
Beispiel: Vater schenkt seinem Sohn 2015 eine Immobilie im Wert von 300.000 Euro. 2020 möchte er eine weitere Immobilie im Wert von 200.000 Euro übertragen. Da die erste Schenkung noch keine zehn Jahre zurückliegt, stehen nur noch 100.000 Euro des Freibetrags zur Verfügung.
Eine besondere Regelung gilt für Schenkungen unter Ehegatten: Diese unterliegen nicht der normalen 10-Jahresfrist, sondern sind grundsätzlich unbegrenzt pflichtteilsrelevant. Für alle anderen Schenkungen gilt die abschmelzende 10-Jahresfrist.
Diese Frist dient dem Schutz der Sozialkassen vor Vermögensverschiebungen kurz vor der Beantragung von Sozialleistungen. Sie kann besonders relevant werden, wenn der Schenker später pflegebedürftig wird.
Bei wertvollen Immobilien, die die Freibeträge überschreiten, kann eine gestaffelte Übertragung über mehrere Zehnjahresperioden erhebliche Steuervorteile bringen. Dies ist besonders relevant bei Immobilien mit einem Wert von über 400.000 Euro bei Übertragungen an Kinder.
Praxistipp: Die Übertragung kann durch die Schenkung von Miteigentumsanteilen erfolgen. So kann beispielsweise zunächst die Hälfte einer Immobilie übertragen werden, und nach Ablauf der 10-Jahresfrist die andere Hälfte.
Die 10-Jahresfrist lässt sich optimal mit anderen steuerlichen Gestaltungen kombinieren:
Bei der Planung sollte berücksichtigt werden, dass Immobilien oft an Wert gewinnen. Eine frühzeitige Übertragung kann daher doppelt vorteilhaft sein: Die Schenkung erfolgt zu einem niedrigeren Wert, und die künftige Wertsteigerung erfolgt bereits im Vermögen des Beschenkten.
Eine sorgfältige Dokumentation aller Schenkungen ist essentiell. Folgende Unterlagen sollten aufbewahrt werden:
Der Wert der Immobilie zum Zeitpunkt der Schenkung ist entscheidend für die Freibetragsberechnung. Hier können verschiedene Bewertungsverfahren zum Einsatz kommen:
Der Zeitpunkt einer Schenkung sollte strategisch gewählt werden:
Für eine optimale Nutzung der 10-Jahresfrist bei Immobilienschenkungen ist eine individuelle Beratung unerlässlich. Die Komplexität der verschiedenen Fristen und ihre Wechselwirkungen erfordern eine sorgfältige Planung.
Die 10-Jahresfrist beginnt mit der Ausführung der Schenkung. Diese gilt als ausgeführt, sobald der Beschenkte die rechtliche und tatsächliche Verfügungsmacht über das Grundstück erlangt hat, also wenn die Auflassung (dingliche Einigung über den Eigentumsübergang) notariell beurkundet wurde, der Schenker die Eintragungsbewilligung erteilt hat und der Beschenkte die Rechtsänderung im Grundbuch bewirken kann.
Nein, eine Rückschenkung unterbricht die laufende Frist nicht. Sie führt jedoch dazu, dass eine neue Schenkung vorliegt, die wiederum der 10-Jahresfrist unterliegt.
Beispiel
Die 10-Jahresfrist gilt separat für jeden Beschenkten. Sie können also gleichzeitig an mehrere Kinder bis zur Höhe des jeweiligen Freibetrags schenken, ohne dass sich die Fristen gegenseitig beeinflussen.
Ja, auch die Übertragung von Miteigentumsanteilen löst die 10-Jahresfrist aus. Dies ermöglicht es, große Immobilienvermögen gestaffelt über mehrere Perioden zu übertragen.
Der Nießbrauch mindert den Wert der Schenkung. Die 10-Jahresfrist beginnt, sobald der Beschenkte die rechtliche und tatsächliche Verfügungsmacht über das Grundstück erlangt hat.
Die Frist läuft erst ab Ende des Nießbrauchs, wenn der Schenker die vollständige Kontrolle und Nutzungsmöglichkeit über das Grundstück aufgibt, in der Regel mit der Umschreibung im Grundbuch und dem Verzicht auf Nutzungsrechte.
Ja, auch bei gemischten Schenkungen (teilweise Schenkung, teilweise Verkauf) ist die 10-Jahresfrist relevant. Maßgeblich ist der Wert des unentgeltlich übertragenen Anteils.
Bei internationalen Schenkungen können abweichende Regelungen gelten. Hier sind die entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen zu prüfen.
Die Wertsteigerung nach der Schenkung hat keinen Einfluss auf die 10-Jahresfrist. Maßgeblich bleibt der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung.
Bei Schenkungen zwischen Ehegatten gilt die 10-Jahresfrist für die Schenkungsteuer normal. Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gibt es jedoch eine unbegrenzte Berücksichtigungszeit.
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